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Instituts-Journal 26/22


Guten Morgen ,

mit dem vorerst letzten Instituts-Journal vor der Sommerpause möchten wir Ihnen Antworten geben und Hilfestellungen liefern.

EU: MDR & IVDR

a) Erkennt die MDCG die Probleme (an)?

Die letzten Publikationen aus Berlin und Brüssel erweckten den Eindruck, als sähe man die Schuld für das Kollabieren des regulatorischen Systems bei den Herstellern. Diese würden Anträge nicht oder zu spät stellen. Die Anträge und Unterlagen seien unvollständig.

Doch der Entwurf einer MDCG-Veröffentlichung deutet darauf hin, dass sich die Erkenntnis durchsetzt, dass auch die willigsten und fähigsten Hersteller derzeit nur wenige Chancen haben.

So ermutigt die MDCG die Benannten Stellen, MDD- und MDR-bezogene Aktivitäten zusammenzufassen. Sie will den Benannten Stellen sogar durch eine Überarbeitung ihrer eigenen Leitlinien helfen. Selbst ein geplanter "Delegate Act" wird begrüßt, der die Frequenz der "Re-Assessments" neu regelt.

b) Gibt es Hoffnung auf Verschiebung?

Die EU-Kommissarin Stella Kyriakides hat das Problem erkannt. Aber eine weitere Verzögerung von MDR und IVDR möchte sie ausschließen ("rule out"), da dies das Problem nicht lösen würde. Zumindest erwägt sie jedoch, die Benannten Stellen so zu entlasten, dass sich diese voll auf MDR und IVDR fokussieren können.

c) Welche Hürden überraschen viele Hersteller?

Während die einen Hersteller darauf warten, überhaupt von einer Benannten Stelle akzeptiert zu werden, kämpfen die anderen in den Audits.

  • Eine Benannte Stelle hatte vom Hersteller verlangt, die in der Routine anfallenden Daten für den PMCF zu verwenden. Als er das tat, machte sie Schwierigkeiten, weil ein Ethik-Votum fehlen würde. Wohlgemerkt: Es ging um bereits vorhandene Daten.
    Ich habe hierzu ein Gutachten angekündigt, das derzeit noch beim Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen liegt. Sie haben mir für Mitte August eine Rückmeldung versprochen.
  • Ein Startup hatte beim Audit seine verantwortliche Person (PRRC) vorgestellt. Der Stolz wich dem Schrecken, als die Benannte Stelle auch einen Stellvertreter verlangte. Geben Sie uns Bescheid, wenn Sie jemanden als Backup benötigen.

Viele Hersteller ächzen unter den Anforderungen an die klinischen Bewertungen. Denn sie müssen darin die Sicherheit, Wirksamkeit und Leistungsfähigkeit ihrer Produkte nachweisen. Wahrscheinlich auf wenig Verständnis stößt daher die Forderung der Barmer nach einem Nutzennachweis. Schließlich sei die MDR nur ein "technisches Gütesiegel". Bitte!?!

d) Was sind die Besonderheiten bei IVD?

Das Team-NB hat ein Positionspapier zu "multiplex in-vitro diagnostic devices" veröffentlicht. Darin diskutiert das Team die Notwendigkeit, das Sampling für diese IVD zu überdenken und sogar innerhalb einer Basis-UDI-DI zu sampeln. Das richtige Papier zur falschen Zeit?

Eine vom BfArM veröffentlichte Sicherheitsmeldung weist darauf hin, dass das gleichzeitige Einwirken von Hitze und mechanischen Erschütterungen beim Transport auf Teststreifen zu ungenauen Ergebnissen führen kann.

Tipp: Beachten Sie im Risikomanagement auch die Kombination von Ereignissen und ergänzen Sie Ihre Checklisten.

FDA

a) Was ist schlecht am FDA Cybersecurity Guidance?

Für die Johner Academy (dazu gleich mehr) habe ich diese Woche Lernmaterialien zur Cybersecurity erstellt. Dabei habe ich mir den Entwurf des Guidance-Dokuments der FDA nochmals vorgenommen.

So sehr ich die FDA schätze – dieses Dokument ist kein großer Wurf:

Fehler Folgen
Es verwechselt Ziele und Maßnahmen. Es entstehen Zirkelbezüge und es ist unklar, was getestet werden muss.
Die Beispiele sind unvollständig bis wenig hilfreich. Beispielsweise wird kein einziger "view" für die "System and Software-Architecture" gezeigt. Die Hersteller wissen nicht, was sie tun sollen. Die Kommunikation mit der Behörde wird aufwändiger, Zulassungsverfahren werden erschwert.
Vielmehr nutzt die FDA den Begriff "view" teilweise anders, als dies Software-Architekten tun.
Ein "Use Case View" als Sonderfall eines "Architecture Views" mag überraschen. Auch sonst nutzt die FDA gelegentlich eine eigenwillige Terminologie.
dito
Das Dokument vermischt Elemente der konstruktiven und analytischen Qualitätssicherung. Der Abgleich mit anderen Vorgaben wie Entwicklungsplänen wird erschwert.
Die Autoren ignorieren bekannte Modelle wie z. B. das Interoperabilitätsmodell. Die Auswahl der Anforderungen wirkt willkürlich, unstrukturiert und unvollständig. Das senkt die Wahrscheinlichkeit, dass sie erfüllt werden.
Die Kapitelaufteilung und die Reihenfolge der Kapitel sind nur bedingt nachvollziehbar. Threat Modeling sollte eine Methode im Rahmen des Risikomanagements sein. Es wird aber völlig getrennt vom "TPLC Security Risk Management" vorgestellt. Die Hersteller erhalten keine Hilfe, in welcher Reihenfolge und zusammen mit welchen anderen Aktivitäten sie die Forderungen umsetzen sollen.
Die konzeptionelle Integrität stimmt auch nicht bei Listen. Eine Liste von Tests sollte Tests enthalten wie Penetration-Tests, aber keine allgemeinen Sicherheitsanforderungen. Es besteht die Gefahr, dass die Hersteller ihre Dokumentation gemäß dem Guidance-Dokument gliedern und damit die mangelhaften Konzepte übernehmen.

Auch andere scheinen nicht glücklich zu sein mit dieser Publikation.

b) Sollte man Produkte zuerst in den USA vermarkten?

Die USA wird ein immer attraktiverer Markt, je schwieriger die "Zulassung" in Europa wird. Daher habe ich in der neuen Podcast-Episode unseren Regulatory-Experten Luca Salvatore gefragt, auf was Hersteller bei ihrer regulatorischen Strategie achten sollten, um unnötige Arbeiten und unerwartete Verzögerungen bei den Zulassungen zu vermeiden. Hören Sie mal rein!

Johner Institut

a) Wie war der Institutstag?

Den Institutstag hatten wir einmal mehr neu erfunden: neuer Ort (Bodenseeforum), neues Thema (IVDR), neuer Ausklang des Abends (Roof-Top unseres neuen Standorts).

Falls Sie es dieses Jahr nicht geschafft haben, dann finden Sie hier Impressionen. Seien Sie nächstes Jahr am 07.07.2023 unbedingt (wieder) mit dabei!

Besondere Momente und Erkenntnisse waren für mich:

  • Oliver Christ machte die Folgen der Pandemie und des Krieges in der Ukraine für das Gesundheitswesen klar. Für die Medizinprodukte- und insbesondere IVD-Hersteller gab es dabei auch gute Nachrichten.
  • Manche Benannte Stellen kapieren erst, wie despektierlich sie ihre Kunden behandeln, wenn sie direkt damit konfrontiert werden.
  • Die Transparenz von Behörden (z. B. über Prüfkriterien und Schwerpunkte) und ein partnerschaftlicher Ansatz führen zu besseren Ergebnissen auf allen Seiten.
  • Die regulatorischen Vorgaben wirken sich manchmal direkt auf die Gestaltung (Architektur) von Produkten aus. Nicht immer zum Vorteil.

b) Wie können Sie Qualifikationen erwerben?

Wir haben den Auditgarant in den letzten Jahren zu einer Plattform entwickelt, auf der Hersteller ihre Produkte durch das Audit und bis zur Zulassung führen können.

Weil wir zusätzlich die Nachfrage nach einer Lernplattform erfüllen möchten, haben wir die Johner Academy ins Leben gerufen. Hier bringen wir die Mitglieder, auch Neu- und Quereinsteiger, auf Augenhöhe mit ihren Peers. Dafür sorgen

  • ein persönlicher Fahrplan,
  • die Möglichkeit zum regelmäßigen Austausch der Lernenden und
  • natürlich Hunderte Lernvideos von unseren Expertinnen und Experten.

Eine Übersicht über die Johner Academy finden Sie auf auf dieser Seite.

c) Wann erscheint das nächste Instituts-Journal?

Mit diesem Instituts-Journal verabschiede ich mich bis Ende August in meine sommerliche Kreativpause. Diese werde ich zum einen für die Johner Academy nutzen und zum anderen, um die Konzepte für die digitale Transformation weiter zu verfeinern.

Solange Sie noch Fleißarbeiten machen müssen, solange Sie für die Zulassung Ihrer Produkte noch Monate oder gar Jahre benötigen (anstatt Stunden oder wenige Tage), solange Sie bei Audits, Inspektionen und Zulassungen Unsicherheiten und Ohnmacht verspüren, solange werden wir nicht ruhen.

Mit herzlichen Grüßen

Christian Johner

 

Die nächsten Seminare und Veranstaltungen 

Derzeit finden fast alle Seminare online statt:


#1 Aktualisierungen

Jede Woche aktualisieren wir Artikel. Dieses Mal besonders beachtenswert:

  • EUDAMED: Link zu MDCG 2022-12 ergänzt
  • MDCG: Aktuelle Veröffentlichungen ergänzt
 
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