diese Woche möchte ich Ihnen zwei Dokumente vorstellen, die vor allem für Firmen interessant sind, deren Produkte Software enthalten oder sind.
Auch sonstige Neuigkeiten aus der Welt der Regularien sollen nicht fehlen.
FDA Guidance zur radiologischen Bildgebung
Sehr hilfreich finde ich das neue Guidance-Dokument der FDA mit dem Titel Technical Performance Assessment of Quantitative Imaging in Radiological Device Premarket Submissions.
Es ist nicht nur für Hersteller von physischen Medizingeräten relevant, sondern auch für Hersteller von Software zur Auswertung. Dazu zählen viele KI-basierte Anwendungen.
Das Dokument nennt viele potenzielle Fehlerquellen, die diese Hersteller in ihrer Risikoanalyse betrachten sollten. Dazu zählen:
- Patientencharakteristiken
Demografische und physiologische Charakteristiken, Bewegungsartefakte, Implantate, räumlich heterogene Verteilung des Gewebes, Verkalkungen usw.
- Aufnahmecharakteristiken
Positionierung, spezifische Eigenschaften der Medizingeräte, Aufnahmeparameter (z. B. Sequenzen bei den MRTs oder Röntgendosen bei den CTs), Algorithmen zur Rekonstruktion der Bilder, externe Störquellen usw.
- Bildverarbeitung
Filterung, verschiedene Software-Versionen, manuelle Selektion und Segmentierung von Bereichen, Fitting von Kurven usw.
In unserem KI-Leitfaden haben wir bereits die allermeisten Punkte berücksichtigt; die fehlenden werden wir ergänzen.
Die FDA erwartet von den Herstellern, dass sie diese Einflussfaktoren in den Zulassungsunterlagen diskutieren. Sie formuliert auch Vorgaben zum Nachweis der Leistungsfähigkeit (z. B. anhand von Phantomen) und zu den Begleitmaterialien.
Positionspapier von MedTechEurope zu den Sprachanforderungen
Die MedTechEurope hat ein Positionspapier zu den Sprachanforderungen bei IVD veröffentlicht. Der Verband kommt darin zum Schluss:
“The IVD Industry believes text displayed on the screens does not need to be translated unless it falls under IVDR Annex I, 20.4 which is then considered as instructions for use and should then be provided in the appropriate languages.”
Dass eine Gebrauchsanweisung die Anforderungen an die Sprache erfüllen muss, ist unbestritten. Das bedingt meist eine Übersetzung, aber nicht immer.
Mit dem Umkehrschluss tue ich mich noch schwerer: Weshalb bedarf es (generell) keiner Übersetzung der UI-Texte, wenn diese nicht als Teil der Gebrauchsanweisung zu verstehen sind?
Die IVDR verlangt im Absatz 5 des Anhangs I, dass die Risiken durch Anwendungsfehler zu minimieren sind, die den vorgesehenen Anwender unterlaufen können. Die IEC 62366-1 sieht die Sprachkenntnisse als Teil der Anwendercharakterisierung.
Aus beidem schließe ich, dass eine Übersetzung des User Interfaces notwendig wäre, wenn dadurch die Usability-bezogenen Risiken minimiert würden. Diese Schlussfolgerung wäre auch davon unabhängig, ob der fragliche Teil der UI als Teil der Gebrauchsanweisung zu verstehen ist oder nicht.
Davon abgesehen definiert die IEC 62366-1 die Begleitmaterialien (dazu zählt die Gebrauchsanleitung) als Teil des User Interfaces.
Weitere Neuigkeiten
a) Benannte Stellen und das regulatorische System
Durch einen Post auf LinkedIn wurden wir auf einen überraschenden Hinweis in der EU-Datenbank Benannter Stellen aufmerksam. Dort heißt es:
„The Commission has not received assurance of the continuing competence of this NB concerning its tasks under Regulation (EU) 2017/745 on medical devices”.
Wie wir beim World Medical Device Summit erkannt haben, lassen sich nicht alle Kompetenzanforderungen an die Benannten Stellen (BS) auf die MDR zurückführen. Wir sollten vermeiden, den BS noch mehr Hürden in den Weg zu legen.
Andernfalls wird deren Durchsatz noch geringer. Eine Benannte Stelle schrieb, dass sie letztes Jahr 60 Prozent der Anfragen von Neukunden ablehnen musste. Das war letztes Jahr. Der "Berg" baut sich weiter auf. Das heißt, dass das System für Firmen mit neuer BS (weitgehend) zum Erliegen gekommen ist.
Die EU-Kommission möchte über den Sommer einen Plan ausarbeiten, um gegenzusteuern. Praxistaugliche Vorschläge sind ihr willkommen.
b) Kosten für EU-Referenzlabore
Nur für EU-Referenzlabore relevant ist eine Commission Implementing Regulation zur Erstattung der Kosten. Mit vier Artikeln ist dieses Dokument angenehm kurz.
c) Q&A zu den Freihandelszertifikaten
Dieses Dokument der CAMD (Competent Authorities for Medical Devices) beantwortet 16 FAQs zu den Freihandelszertifikaten.
Es liefert viele nützliche Klarstellungen, auch für die Inverkehrbringer von Systemen und Behandlungseinheiten gemäß Artikel 22 der MDR.
Unseren Artikel zu den Freihandelszertifikaten haben wir überarbeitet.
Mit herzlichen Grüßen (und vielleicht bis Freitag)
Christian Johner
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